Die rätselhafte Bronzeplastik und neueste Ergebnisse der jungen Landsberger Geschichtsforscher
Von Karla Schönebeck
Landsberg. Der kürzere Weg zum Erfolg ist oft der Umweg. Diese Erfahrung jedenfalls konnte die junge Forschungsgruppe rund um das Projekt „Der Panther im Inselbad“ machen. Nachdem sie die ersten Spuren der rätselhaften Bronzeplastik zwischen dem heutigen Standort und dem Mutterturm ausgemacht hatten [siehe Artikel 1], führten ihre Untersuchungen jetzt sogar nach Köln.
Fritz Behn: Panther, Bronze, um 1920
Marienburger Südpark in Köln. Foto Joachim Zeller
Auf die Stadt am Rhein hatten sie nicht zuletzt einige Hinweise von Landsbergern und Internetrecherchen gebracht. Projektleiter Wolfgang Hauck vom Kulturverein „dieKunstBauStelle“ staunte mit den Jugendlichen jedenfalls nicht schlecht, als sie den „Landsberger“ Panther auf Fotos im Südpark im Stadtteil Marienburg entdeckten. Da sich beide Panther zum Verwechseln ähnlich sehen, wandte sich die Gruppe aus Schülern und Flüchtlingen offiziell an die Kölner Stadtverwaltung.
Ein Volltreffer, beinahe, denn wie in Landsberg war auch die Kölner Archivlage eher dünn denn hilfreich. Immerhin konnte Stadtkonservatorin Marion Grams-Thieme das ungefähre Entstehungsdatum mitteilen. Die Bronzeplastik ist in einer zweibändigen Publikation über Kölner Bildwerke des 20. Jahrhunderts erwähnt: 1920. „Vermutlich“, so die Stadtkonservatorin“ wurde sie um diese Zeit auch im Südpark aufgestellt“.
Im Gegensatz zum Landsberger Panther steht sein Kölner Bruder zudem unter Denkmalschutz und wurde, so Grams Thieme „von der Stadt Köln erworben“. Eigentümer am Lech sind, wie Norbert Köhler auf Anfrage von Wolfgang Hauck erklärte, die Stadtwerke, die aber über keinerlei Unterlagen verfügen. Dass die Spuren von Köln wiederum nach Bayern führten, lag an einem kleinen Detail, das man nur allzu schnell übersehen kann. Wie jeder Bronzeguss, so ist auch der Kölner Panther mit einer Art Stempel versehen: „Erzguss Ferdinand von Miller“*, eine einstmals renommierte Münchner Kunstgießerei.
Daraufhin untersuchten jungen Landsberger Geschichtsforscher nochmals „ihren“ Panther. Sie wurden zwar fündig. Ihre Entdeckung sorgte aber gleichzeitig für eine weitere Verwirrung und Aufregung, die bei diesem Geschichtskrimi wohl mittlerweile wie selbstverständlich dazugehört.
Auf der Plinthe, dem Untersatz auf dem der Panther steht, ist zu lesen: „GUSS v. A. BRANDSTETTER MÜNCHEN“. Für Katharina Grenzmann, 16, stand wie für die anderen fest: „Ein Panther, zwei Gießereien“.
Plinthe des Panthers in Landsberg
Inschrift «GUSS v. A. BRANDSTETTER MÜNCHEN», Foto Wolfgang Hauck
Münchner Kunstgießerei
Die Münchner Kunstgießerei* ist, wie die Projektteilnehmer vor Ort überprüfen konnten, eine Institution. Der Sohn des jetzigen Inhabers, Göktepe Aslan, ließ es sich nicht nehmen, die jungen Forscher persönlich durch den traditionsreichen Betrieb zu führen. Für Amelie und Marlene war sofort klar: „Man spürt überall die künstlerischen Schwingungen.“ Das museal anmutende Ambiente wurde in der Tat seit über 100 Jahren kaum verändert, Rußspuren allerorten, dazu der Geruch von Wachs, der sich in dem alten Gemäuer festgesetzt hat. Fasziniert schauten die Landsberger Göktepe Aslan dabei zu, wie er anhand eines Gipsmodells die einzelnen Schritte eines Bronzegusses nachvollzog.
Auch wenn heutzutage neben Wachs auch Silicon eingesetzt wird, sind immer noch Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefordert. Millimeterarbeit, im sprichwörtlichen Sinn. „Wenn der Guss bei einer größeren Bronze stärker als vier Millimeter ist, dann verzieht sich das Metall“, erklärte Aslan, und fügte gut gelaunt hinzu: „Das ist dann nicht so doll“.
Gelernt haben die Teilnehmer aber auch eines: Bei Bronzegüssen handelt es sich nicht um Voll-, sondern um Hohlgüsse. Bei ihren Recherchen im Landsberger Inselbad war immer wieder die Frage nach dem Gewicht des Panthers aufgetaucht. Wie schwer ist er wirklich?
Bademeister Christian Wappler hatte ihnen unter anderem die Geschichte erzählt, wie junge Besucher vor etlichen Jahren bei einer nächtlichen Aktion den Panther vor lauter Übermut ins Becken werfen wollten. Um Streiche dieser Art zukünftig zu unterbinden, wurde der Panther zunächst im Winter mit einer Kette gesichert und dann mit Beton ausgegossen und auf dem Waschbetonsockel befestigt.
Zaker Alizade aus Afghanistan, aber auch Bader Alahmar konnten darüber nur den Kopf schütteln. „So ein Kunstwerk erfordert doch Respekt. Das ist doch wertvoll“. Wie wertvoll es wirklich ist, das war also eine weitere Frage, mit der es sich auseinanderzusetzen galt. Auch hier konnte Gökpete Aslan weiterhelfen: Vom reinen Materialwert her betrachtet, bewegt sich der Wert einer Bronzeplastik je nach Größe bis zu einigen Tausend Euro.
„Im Internet“, so Projektleiter Wolfgang Hauck „findet man Auktionen von kleineren Modellen des Panthers, „die zwar nur zwanzig Zentimeter groß sind, aber bereits für 13. 000 Euro versteigert wurden“. Apropos Panther-Modell. Fotos des Inselbad-Panthers hatten die Jugendlichen natürlich auch nach München mitgenommen. Zu ihrer Überraschung konnte Asian sofort etwas mit ihnen anfangen.
Exkursion der Forschergruppe in die Münchner Kunstgießerei
2016, Foto Wolfgang Hauck,
v.l.n.r. Zaker Alizade, „der Panther“, Amelie Bader, Marlene, Margarethe Bissinger-Götz, Aslan Gökpete, Marlene Götz, Wolfgang Hauck, Bader Alahmar
Aus dem Stegreif erklärte er, dass Hans Kastler*, ein bekannter berühmter Tierplastiker seine Modelle einstmals in der Gießerei A. Brandstetter hatte anfertigen lassen. Kastner wiederum war ein Schüler des noch bekannteren Künstlers Fritz Behn.
Das nun war ein wirklicher Volltreffer. Auf den Inselbad-Panther nämlich ist Fritz Behn auf der Plinthe* als Künstlername eingraviert. Der Landsberger Panther wurde auch – allerdings ohne Angabe des Datums – in der Münchner Kunstgießerei hergestellt, welche die jungen Forscher mehr oder weniger zufällig vor einigen Wochen bereits besucht hatten. Vor diesem Hintergrund machte eine Äußerung von Jürgen Aicher, Schwimmmeister und Betriebsleiter des Inselbades seit 1982, Sinn. Zu Beginn der Recherchen hatte er wissen lassen: „Die Nachfrage nach dem Panther ist im Moment sehr hoch. Selbst aus Murnau sind Leute hier gewesen.“ Zur Erinnerung: Seit 1972 steht die bronzene Wildkatze im Inselbad.
Plinthe des Panthers in Landsberg
Inschrift «FRITZ BEHN», Foto Wolfgang Hauck
Bei den bisherigen Nachforschungen spielten Vermutungen, Zeitzeugen, der Zufall und eine gehörige Portion Glück eine große Rolle. Dass Internet-Recherchen indes Grenzen haben und mitunter auch in die Irre führen können, darüber berichtet das Landsberger Tagblatt am kommenden Wochenende. „Es wird nicht einfacher, aber noch spannender“, verspricht Projektleiter Wolfgang Hauck.
Aslan Gökpete zeigt die einzelnen Schritte zu einer Bronzeplastik
2016 Münchner Kunstgießerei, Foto Bader Alahmar
Artikel 3 «Ein genialer Tierplastiker und seine politischen Verstrickungen»
*Plinthe
Mit dem griechischen Wort „Plinthe“ (Ziegel“) wird der Sockel von Bauwerken, aber auch von Skulpturen und Plastiken bezeichnet. Hier signieren die Künstler ihre Werke und die Gießerei kennzeichnet den Guß mit ihrem Namen.
*Hans Kastler
1931 wurde Hans Kastler im österreichischen Klam geboren. Er studierte zwischen 1946 und 1949 an der Bundesfachschule Hallein bei Hans Baier und von 1951 bis 1954 bei Fritz Behn. Der Bildhauer lebt in Happerg bei Bad Tölz. Er arbeitet intensiv mit der Münchner Kunstgießerei zusammen.
www.hanskastler.com
*Münchner Kunstgießerei
Die Gießerei befindet sich seit über 1896 in der Schleißheimer Straße 72 in Schwabing. Kunst und Handwerk sind untrennbar miteinander verbunden, aber auch die mehr als hundertjährige Geschichte. Hassan Göktepe arbeitet seit über 30 Jahren in dem Betrieb und hat diesen im Sommer 2007 übernommen. In der langen Zeit als Angestellter lernte er das Handwerk des Kunstgießers von erfahrenen Meistern. Nun gibt er sein Wissen und seine Erfahrung an seine Söhne Aslan und Selim Göktepe weiter. Dadurch wird die ehemalige Gießerei A. Brandtstetter wieder als Familienbetrieb geführt und setzt die Tradition und das Kunsthadwerk fort. Mehr erfahren Sie in unserem Interview mit Asian Göktepe.
www.kunsgiesserei-muenchen.com
*Ferdinand Miller Erzgießerei
Ferdinand Miller wurde 1813 in Fürstenfeldbruck geboren. Er war ein bayerischer Erzgießer und schuf als Inspektor der Königlichen Erzgießerei in München die Bavaria-Statue. Sein Sohn Ferdinand Miller wurde 1842 in München geboren. Er war ein deutscher Bildhauer und Erzgießer, sowie langjähriger Direktor der Münchner Kunstakademie.